… über das Leben des hl. Antonius und die Entstehung des Mönchtums

Hl. Athanasius, du hast die Vita Antonii verfasst und uns in ihm einen Gottesmann vorgestellt, der als Gottsucher in die Wüste hinausging und in Askese und Heiligkeit glänzte. Hast du da nicht übertrieben und wie sollen wir das heute noch verstehen?
Hl. Athanasius: Der hl. Antonius war ein einfacher Mann, ein wahrer Gottsucher, der sich ganz hingab und alles hinter sich ließ aus Liebe zu Gott. Mit der Vita wollte ich sein Leben als ein leuchtendes Beispiel herausstellen, und von daher war es notwendig eine kontrastreiche Vita zu verfassen, die in anderen Christen und Christinnen die Sehnsucht weckt zur Nachahmung. Im 4. Jhdt. gab es viele Männer und Frauen, die Jesus ähnlich werden und wie die Märtyrer und Märtyrerinnen in der Verfolgungszeit zuvor ihr Leben ganz Jesus weihen und hingeben wollten. Zu allen Zeiten ruft Jesus Menschen in seine Nachfolge, und da braucht es beispielhafte Menschen, die andere ermutigen Gleiches zu tun. In einer pluralistischen und von vielen Meinungen geprägten Umwelt, die dem Christentum fernsteht, braucht es mutige Zeugen, die auf Jesus und seine befreiende und in die Freiheit führende Botschaft aufmerksam machen. Das hat mich auch bewogen, das Beispiel des Antonius, zugegebener Weise, etwas zu überzeichnen.
Ja, das merken in unsrer Zeit Forscher und Kritiker an – auch weil du dir selbst widersprichst in dem du sagst, Antonius sei der erste Mönch gewesen, obwohl er sich am Beispiel anderer Mönche orientiert hat und jeweils die besten Eigenschaften von ihnen übernommen hat. Bemerkenswert finde ich, dass du von seiner Schwester erzählst, da doch die Frauen kaum Erwähnung finden. Was sagst du dazu?
Hl. Athanasius: Seine Schwester wurde eine gottgeweihte Jungfrau und lebte mit anderen Jungfrauen in Gemeinschaft. Da gab es wohl schon verschiedene Zusammenschlüsse von Jungfrauen, aber noch nicht so geordnet wie ihr das im 21. Jhdt. kennt. Ende des 3. Jhdt. und im 4. Jhdt. war das noch relativ neu. Natürlich gab es schon andere Mönche, das wollte ich auch nicht verheimlichen. Pachomius war der erste, der eine Hausordnung bzw. Regel schrieb, und erkannte, dass das vereinzelte Dasein von Gottsuchern und Gottsucherinnen in der Wüste besser gelang, wenn sich diese zusammenschlossen in einem Verband. Christliches Leben beinhaltet wesentlich Communio, und eine Gemeinschaft braucht notwendigerweise Regeln. Das hat der charismatische Pachomius gut verstanden, und so haben in seinen Koinobien viele tausende Gottsucher und Gottsucherinnen in einem von Arbeitsteilung und gemeinsamen Gebet geprägten Rhythmus ein gottwohlgefälliges Lebensopfer dargebracht.
Der hl. Pachomius war wirklich genial, finde ich. War es nicht so, dass die Christen, wie es der hl. Lukas in seiner Apostelgeschichte schreibt, versuchten zu sein nach dem Vorbild der Urgemeinde?
Hl. Athanasius: Das war das prägende Motiv aller christlichen Gemeinden. In der Zeit der Verfolgung, die erst mit dem Mailänder Edikt 313 endete, war es notwendig die Communio unter gefährlichsten Bedingungen zu leben. Die gemeinsame Eucharistiefeier war immer zentral wie auch die gelebte Nächstenliebe, dies war das einigende Band und Motiv der Nachfolge Christi, bis zur Hingabe des Lebens. Aber als es üblich wurde, Christ zu sein, machte sich bei vielen Christen und Christinnen Lauheit breit. Um Streitigkeiten, Eifersucht, Neid und Ruhmsucht zu entfliehen, entdeckten sie die Wüste als einen Ort der Gottsuche. Damit aber dieses edle Motiv nicht zu einem Heilsindividualismus degradiert, war es Pachomius gelungen, viele für ein gemeinsames Gottsuchen zu begeistern und dafür eine Ordnung zu schreiben.
Hl. Athanasius, du bist zu deiner Zeit weit herumgekommen, sogar nach Rom und nach Trier, und durch die Übersetzung deiner Vita Antonii in verschiedene Sprachen ist das Mönchsleben in unsren Breiten populär geworden, so dass es Menschen in Europa dafür begeisterte. So hat beispielsweise Johannes Cassian 10 Jahre in der sketischen und nitrischen Wüste gelebt. Wie kam es dazu?
Hl. Athanasius: Wegen meines unermüdlichen Kampfes gegen die Häresie des Arianismus wurde ich mehrmals verbannt und musste meinen Bischofssitz verlassen. Das war für die Verbreitung der Vita Antonii wirklich von Vorteil.
Danke für das aufschlussreiche Gespräch und dein Engagement für die Ausbreitung des Mönchtums.